
Jungfernstieg-Provisorium
U1 - Stephansplatz (xxx m) Richtung Norderstedt Mitte |
Eröffnet am 1931 - 1934 (Provisorium)
1 Seitenbahnsteig
Bezirk: HH-Mitte (Neustadt und Altstadt)
Geschichte
Am 2. Juni 1929 wurde die Kelljunglinie eröffnet. Sie reichte damals von Kellinghusenstraße bis Stephansplatz, die Reststrecke zum Jungfernstieg fehlte noch. Es war allerdings damals von vorn herein geplant, dass die Strecke am Jungfernstieg ihr vorläufiges Ende erhalten sollte. Die Kelljunglinie war als Grundstock einiger neuer U-Bahnstrecken in der inneren Stadt vorgesehen, die Ende 1925 beschlossen wurden: So sollte die Kelljunglinie später bis zum Barkhof weiter geführt werden und dort in den Ring einfädeln. Hierzu war am Jungfernstieg eine Station unter der Binnenalster vorgesehen, etwa in der Lage, wie heute die U2-Station liegt. Auch damals schon sollte diese Station vier Gleise erhalten. Die äußeren Gleise waren für eine neue U-Bahnlinie nach Altona vorgesehen. Alternativ gab es die Überlegung, dass die Kelljunglinie dauerhaft im Unteralsterbahnhof enden sollte und dafür die Altonaer Linie am Barkhof in den Ring einfädeln sollte.
Unabhängig hiervon war eine weitere neue Linie vorgesehen, die ab Jungfernstieg zum Schlump führen und dort in die Eimsbüttler Zweigstrecke einmünden sollte. Somit hätte es auch für die Eimsbüttler eine direkte Innenstadtanbindung gegeben. Diese Planung wurde zwischen 1965 und 1973 mit der heutigen U2 verwirklicht. Allerdings sollte der Bahnhof Jungfernstieg unter der gleichnamigen Straße selbst liegen und nicht unter der Binnenalster. Ab dort sollte die Strecke Richtung Meßberg weiter führen und möglichweise Horn erschließen.
Diese beiden Linien, die Kelljunglinie und die Schlumplinie, sollten sich unter dem Jungfernstieg in Höhe des Alsterpavillons in einem viergleisigen Tunnelabschnitt tangieren. Dieser Kunstgriff war bewusst gewählt worden, denn nur so war es möglich, dass die Kelljunglinie zunächst mit dem Bahnhof unter dem Jungfernstieg verbunden werden konnte. Somit gehört der heutige U1-Bahnhof nach diesen frühen Planungen im Grunde genommen überhaupt nicht zur Kelljunglinie, sondern viel mehr zur (völlig anders gebauten) Schlumplinie.
Nun wurde damals aber nicht gleich ein kompletter viergleisiger U-Bahntunnel unterm Jungfernstieg gebaut, sondern viel mehr ein zweigleisiger Tunnel, der konstruktiv auf einen viergleisigen Ausbau Rücksicht nimmt. Die versatzförmigen Tunnelwände in diesem Abschnitt sind so angeordnet, dass sie später bei einem Vollausbau des Tunnels als mögliche Mittelstützen bzw. raumstützende Wände dienen können. Weiterer Vorteil dieser Konstrukion ist, dass während eines späteren Vollausbaus die Streckentrasse der heutigen U1 erhalten bleiben kann und nicht über einen längeren Zeitraum stillgelegt werden muss.
Die Kelljunglinie entstand zwischen 1926 und 1929 von Norden kommend bis zum Stephansplatz. Ende 1928 begann man in den Colonnaden mit dem Bau der Fortsetzungsstrecke zum Jungfernstieg. Man hatte nicht nur gegen den harten Widerstand der Gewerbetreibenden in den Colonnaden zu kämpfen, sondern auch mit dem Hamburger Untergrund. Zunächst sollte die baulich einfacher zu erstellende Station der späteren Schlumplinie gebaut werden, anstatt des Unteralsterbahnhofs. Doch liegt der Schlumplinienbahnhof unter der Reesendammbrücke und somit auch unter der Alster. Und genau hier gab es enorme bautechnische Probleme, zumal der Winter 1929/30 sehr streng war und die wirtschaftlichen Verhältnisse in dieser Zeit alles andere als rosig waren. Grund für die unerwartete Bauverzögerungen waren auch Findlinge, Holzpfähle und schlammigen Baugrund. Dies alles führte zur Unterbrechung der Bauarbeiten. Schnell war der Hochbahn klar, dass diese Station nicht kurzfristig fertiggestellt werden konnte, während der Streckentunnel unter den Colonnaden weitgehend fertig war.
Um die Strecke den Fahrgästen dennoch zur Verfügung zu stellen, entschloss sich die Hochbahn Anfang 1931, einen provisorischen Bahnhof zu erstellen. Dieser Bahnhof sollte sich somit im Streckentunnel unter dem Jungfernstieg befinden, und zwar zwischen der im Bau befindlichen endgültigen Station und der Tunnelversatzstrecke. Aufgrund der räumlichen Enge kam nur ein eingleisiger Bahnhof in Frage, wobei der Bahnsteig auf der zweiten Gleistrasse liegen sollte. Innerhalb der Versatzstrecke wurden die Gleise zu einem Gleis zusammengeführt und in der nördlichen Tunnelhälfte verlegt. Der Bahnsteig wurde in Form einer Stahlkonstruktion erstellt und mit Gußansphalt versehen. Einen Zugang gab es nur am südlichen Bahnsteigende in Form einer Treppe, die innerhalb der Baustelle in das Fragment der nördlichen Vorhalle der endgültigen Station mündet. Von dort aus gab es eine begehbare Treppe, die zum Jungfernstieg Ecke Neuer Wall führt. Es könnte sein, dass es sich bei dieser Treppe um den heutigen Ausgang Richtung Alsterhaus handelt, da vom Neuen Wall an Richtung Reesendammbrücke noch gebaut wurde.

Die Wände in dieser Station wurden nicht mit Fliesen verkleidet, wohl aber farblich gestaltet. Die geometrischen Muster in Rot und Hellgrau auf weißem Grund entsprachen fast dem Aussehen der späteren Fliesengestaltung in der endgültigen Station.
Betriebstechnisch wollte man diesen provisorischen Endbahnhof so einfach wie möglich halten. Daher verzichtete man auf die Einrichtung eines Stellwerks, man verwendete eine einfache Rückfallweiche, die in Grundstellung vom Bahnsteig zum Gleis 2 führt, also zum Richtungsgleis Kellinghusenstraße. So konnten also die Züge von Stephansplatz kommend in den Bahnsteig einfahren und anschließend über das andere Gleis wieder zurück nach Stephansplatz.
Der Behelfsbahnhof Jungfernstieg wurde am 25. März 1931 eröffnet. Die Züge fuhren von hier nach Ochsenzoll, so wie seit 1929 ab Stephansplatz. Allerdings konnte nur jeder zweite Zug nach Jungfernstieg fahren, die anderen Züge endeten weiterhin am Stephansplatz, wo eine Kehrgleisanlage noch heute vorhanden ist.
In der Folgezeit beschäftigte man sich mit dem weiteren Ausbau der endgültigen Station unter dem Jungfernstieg. Wiederholt gab es herbe Rückschläge, so etwa am 2. Januar 1933, als es zu einem Wassereinbruch der Alster kam und die Baustelle überflutet wurde. Da es sehr kalt war, lag der Bau still und das Wasser gefror in der Baustelle. Im November 1932 kam der Arbeiter Otto Liss auf Grund eines Arbeitsunfalles ums Leben, hieran erinnert eine bronzene Tafel im Bahnhof. Weitere diverse weitere kleine Wassereinbrüche und Erdrutsche machten den Arbeitern das Leben schwer, der Bahnhofsbau war eine große Herausforderung.
Schließlich konnte am 28. April 1934 die neue Station Jungfernstieg eröffnet werden. Sie hatte, wie die provisorische Station, anfänglich nur ein Gleis. Am gleichen Tag wurde die provisorische Station geschlossen und der Bahnsteig in der Folgezeit abgerissen. Anschließend konnte an Stelle des Bahnsteiges das zweite Gleis verlegt werden, welches bis in den neuen Bahnhof reichte. Zusätzlich war der Bau einer doppelten Gleisverbindung nötig, so dass beide Gleise im neuen Bahnhof als Kehrgleise genutzt werden konnten. Eine hinter dem Bahnhof gelegene Kehrgleisanlage wurde damals nicht mit gebaut.
Heute ist von dem Bahnhof kaum noch was übrig: Der Bahnhof ist heute Bestandteil des Streckentunnels nach Stephansplatz, an den Wänden sieht man heute aus dem fahrenden Zug heraus noch die farbigen Wandflächen. Eines der Stationsschilder hängt noch an seinem Ort. Mehr blieb nicht übrig. Bald geriet der Bahnhof in Vergessenheit, aber dafür hatte man ja nun einen hochmodernen Bahnhof, der sogar Rolltreppen besaß, das war damals auf einem U-Bahnhof etwas unerhört Neues.